Von der Gründung bis zu den 30er Jahren
Mitten in den Wirren der Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges wurde am 6. Februar 1921 bei der Generalversammlung des Kriegervereins angeregt eine örtliche Musikkapelle zu gründen. Darüber berichtet der Chronist u.a. folgendes (siehe auch Original-Protokoll): "Dieselbe nahm einen befriedigenden Verlauf nach jeder Richtung; dabei kamen die Interessen der Vereinssache und der kameradschaftliche Zusammenhalt wieder einmal richtig zum Ausdruck Nach Schluss der Versammlung - es war um 5 Uhr nachmittags - ging die Kameradschaft zum gemütlichen Teil über, wobei dieses und anderes zur Sprache kam. Aus der Mitte der Kameraden wurde insbesondere die Gründung einer örtlichen ,,Musikkapelle" nach dem Vorgang anderer benachbarter Gemeinden des Bezirks angeregt. Kamerad Postagent Anton Natterer wurde allseitig ersucht, unter der Versammlung durch einen diesbezüglichen Vortrag zur Werbung von Freunden und Interessenten für die Sache Stimmung zu machen. In einem kurzen Vortrag an die Versammlung brachte Natterer in klaren Worten folgendes zum Ausdruck:
In letzter Zeit zeigten sich unter den männlichen Ortsbewohnern (auch von den Filialisten) mehrere Liebhaber zur Gründung einer Musikkapelle mit Blechblasinstrumenten. Um der Sache näher zu treten sei heute die günstige Gelegenheit geboten, sich aus Anlass der heutigen Versammlung über diesen Gegenstand eingehend und gründlich auszusprechen. Mit Freuden ist zu begrüßen, dass auch in hiesiger Gemeinde sich eine Anzahl von Musikfreunden befindet und es ist mit ziemlicher Sicherheit damit zu rechnen, dass die Gründung einer Kapelle von Natur aus auf keine besonderen Schwierigkeiten stoßen dürfte. Dagegen seien vom finanziellen und materiellen Standpunkt aus, insbesondere in Anbetracht der gegenwärtigen (revolutionären und teuren) Zeitverhältnisse große Bedenken ins Auge zu fassen."
Postagent Anton Natterer konnte bis zum Ende der Versammlung 22 Unterschriften von Interessenten nachweisen. Bei der ersten Versammlung, eine Woche darauf, war als Sachverständiger Herr Gustav Espenlaub, Bauer im Rotöschle, Gemeinde Ochsenhausen, anwesend, der sich auch bereiterklärte, die Ausbildung der Musiker zu übernehmen. Bei dieser Versammlung wurden unter den 50 anwesenden jungen Männern die Spielleute ausgesucht. Erster Vorstand wurde Franz Bochtler aus Winterreute, Schriftführer Anton Natterer, und das schwere Amt des Kassiers übernahm Christian Grötzinger.
Strenge Statuten gaben dem Verein Halt und richtungsweisende Stütze. Wer bei einer Probe unentschuldigt fehlt, muss in die Vereinskasse 2 Mark entrichten. Wer nach der Probe mit seinem Instrument die Nachtruhe stört muss 5 Mark bezahlen. Tritt ein Musiker aus Böswilligkeit aus dem Verein aus, muss er für seine unnütze Ausbildung Schadensersatz leisten.
Als aktive Mitglieder wurden geführt:
Bayer Leopold |
Pfender Karl |
Mayer Lorenz |
Bochtler Franz |
Schick Alfons |
Natterer Anton |
Fischer Konrad |
Seif Alois |
Pfänder Anton |
Frisch Karl |
Stehle Xaver |
Utz Karl |
Grötzinger Christian |
Giefel Anton |
Winter Franz |
Hartmann Otto |
Göbel Franz |
Gröber Klemens |
Knoll Josef |
Göser Johann |
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Maier Konrad |
Maucher Josef |
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Die Anschaffung der Blechblasinstrumente war sehr schwierig. Die Gemeinde spendete 500,- Mark, Friseurmeister Xaver Stehle brachte durch eine Haus-sammlung 3.300,- Mark zusammen und für das noch fehlende Geld wurde ein Kredit aufgenommen. Der Verein trat am 15. August 1921 beim Kirchenfest das erste Mal in der Öffentlichkeit auf. Bei der Marschmusik wurde der ,,Turner-Festmarsch" gespielt.
1922
Bei der Generalversammlung 1922 mußte die bisherige provisorische Vorstandschaft neu gewählt werden. Franz Bochtler lehnte eine erneute Wahl ab, da er in Winterreute wohne und deshalb dieses Amt nicht ausüben könne. Karl Utz wurde mit einer Stimme Mehrheit gegenüber Bochtler gewählt. Bereits für den 7. November mußte erneut zu einer Hauptversammlung einberufen werden, weil Vorstand Utz vorzeitig sein Amt niederlegte. Die nächste Mannschaft mit Anton Natterer an der Spitze leitete dann lange Zeit die Geschicke des Vereins. Obermüller Schäffer spendete 500 Mark mit der Auflage, bei verstorbenen Kriegerkameraden davon die Auslagen für die Trauermusik zu bestreiten. Die Vereinskasse war immer leer. Inzwischen wurde auch Frucht gesammelt und der ausgeschiedene Vorstand Utz mußte 1112 Ztr. als Strafe entrichten, weil er vorzeitig ausschied. Neu zur Kapelle kam Klemens Gröber, Ziegelei.
1923
Im Jahre 1923 konnte das erstemal ein Musikfest besucht werden. Mit der Bahn fuhr man nach Mengen und erreichte in der Anfängerstufe unter sieben Kapellen den vierten Platz. Dieser Erfolg gab weiteren Ansporn, zumal in der Anfängerstufe auch Kapellen auftraten, die schon längere Zeit bestanden und musizierten. Im November verabschiedete die Gemeinde Lehrer Haller, der nach Amerika auswanderte. Die Kapelle trat dem Oberschwäbischen Musikerbund bei und das Geld hatte immer weniger Wert. Der Kassenverlust stieg auf 203.193.503 Mark.
1924
1924 ließen sich Adolf Espenlaub, Karl Frisch, Josef Hartmann, Anton Meisterhans, Anton Rehm und Karl Pfitscher im Verein als aktive Mitglieder eintragen. Zur Geselligkeit wurden Rad- und Schlittenfahrten in die nähere Umgebung durchgeführt, wobei immer die Instrumente zum Aufspielen mit dabei waren. So beteiligte sich die Kapelle bei den Radfahrerfesten in Ochsenhausen und in Schweinhausen. Die Schlittenfahrten führten nach Reinstetten und ebenfalls nach Schweinhausen. In diesem Jahr maß man sich gleich zweimal bei Musikfesten. In Ummendorf (20. Juli) und in Kisslegg konnte jeweils ein l-A-Preis erreicht werden. Ein gemeinsamer Ausflug führte auf den Kahlenstein und nach Warthausen in den Löwen. Dem aktiven Musiker Christian Grötzinger spielte die Kapelle am Vorabend seiner Hochzeit ein Ständchen.
1925
1925 legte der damalige Schriftführer eine ,,schöpferische Pause" ein, denn vom Tätigkeitsbericht brachte er es nur bis zur Überschrift! Aus Protokollen der Ausschußsitzungen kann entnommen werden, daß 24 Uniformen angeschafft wurden und diese das erstemal beim Ausflug nach Maria Einsiedeln getragen wurden. In Lindau erzielte die Kapelle beim Wertungsspiel einen l-A-Preis.
1926
1926 gabs in Ringschnait eine Versammlung der Postbeamten beim Agenten Anton Natterer. Hier war die Kapelle ebenso anwesend wie bei den Festen des Kriegervereins auf dem Reutelefestplatz. Dort beteiligten sich noch die Kapellen aus Reinstetten, Rottum und Steinhausen/Rottum, die dann abends noch im ,,Adler" musizierten. Von der Teilnahme an kirchlichen Anlässen ist nichts notiert bis auf den Hinweis in einem Ausschußprotokoll vom 21.12., daß in der Kirche an Weihnachten nicht gespielt werde. Bei den Musikfesten in Buchau und in Wurzach gabs jeweils einen l-A-Preis.
1927
1927 traten in den Verein als aktive Spieler Jakob Göbel, Josef Wespel und Peter Pfitscher ein. Auch von diesem Jahr sind keine Aufsehriebe gemacht worden, bis auf den Hinweis, daß an Fastnacht Theater gespielt wurde und der Musikverein die Pausen musikalisch ausfüllte. In Saulgau konnte beim Marschmusikwettbewerb ein l-A-Preis erzielt werden.
1928
1928 muß wenig Geld in der Kasse gewesen sein, denn es wurden vier Konzerte abgehalten und jeweils Eintritt kassiert; davon allein beim Herbstkonzert im Adler ganze 108 Mark. Auch bei fünf Hochzeiten sollte die Kasse aufgefüllt werden. Die Einnahmen waren recht unterschiedlich und reichten von 4 bis 175 Mark. Bei den Musikfesten in Ostrach und Schussenried beteiligte sich die Kapelle jeweils am Marschmusikwettbewerb. Beidesmal konnte ein 1. Preis mit nach Hause genommen werden.
1929
1929 beteiligte sich die Kapelle am Festumzug beim landwirtschaftlichen Bezirksfest in Biberach und bei der Gewerbeausstellung in Ochsenhausen. Beim Bezirksmusikfest in Laupheim (22. Juli) konnte ein l-A-Preis erreicht werden. Neu zum Verein kamen Matthias Loritz und Gerorg Maucher. Von kirchlichen Anlässen steht erneut nichts in den Protokollen bis auf den Hinweis, dass für Fronleichnam, Prozessionen, Weihnachten und Beerdigungen neue Noten angeschafft werden sollten.